Der Beobachter, Quantenmechanik & Advaita (Advaita für Fortgeschrittene)
TEIL 1 – Der 'neutrale' Beobachter - ein Märchen TEIL 2 - Konsequenzen für den Alltag TEIL 3 - Selbstbeobachtung & Kurzschluss der Aufmerksamkeit
ist eine Mähr. Es gibt ihn nicht. Die Annahme eines neutralen Beobachters, eines Subjekts, dass ein Objekt beobachten könnte, ohne dieses Objekt zu beeinflussen, ist spätestens schon seit der Quantenmechanik wiederlegt, also wissenschaftlich falsch. Auch im Spiegel der Advaita-Lehre kann ein solches Konzept nicht überleben. Alles ist eins, Subjekt von Objekt nicht verschieden, nicht getrennt.
(Anmerkung: Ein Teil der Quantenmechanik weiss um das Phänomen, dass bestimmte, sehr kleine Teilchen (Quanten), sich nicht mehr neutral beobachten, deren Zustand nicht mehr neutral bestimmen lässt. Durch die Beobachtung wird das Messergebnis beeinflusst und verfälscht. Es scheint, als würden sich z.b. Lichtteilchen mal als Welle, mal als materiell manifestierte Teilchen präsentieren, jeweils davon abhängig, was der Beobachter (= Durchführende des Experiments) erwartet oder nicht erwartet. Aber selbst bei 'Neutralität' ist das Ergebnis nicht vorherbestimmbar und eine jede Messung verfälschend) (Dieser Absatz ist natürlich sehr vereinfacht und Laienwissenschaftlich...)
Was hat dies für Konsequenzen für den Alltag ??
So kann man, auch im Alltag, bei alltäglichen Beobachtungen (von Menschen, von Tieren, Pflanzen, Natur, Phänomene, Sich-Selbst, was auch immer zum 'Objekt' der Beobachtung wird), also nicht nur bei mini-kleinen Lichtquanten, davon ausgehen, daß man niemals sagen kann, man hätte mit der Beobachtung nichts zu tun. Aber noch viel mehr: Man kann auch nicht davon ausgehen, daß die Dinge, Menschen, Objekte, Tiere usw. sich so verhalten, wie sie sich verhalten würden, wenn sie nicht beobachtet wären. - und dies ist natürlich ein unbewusster Prozess. Das Beobachten selbst beieinflusst also, ein energetischer Austausch findet statt. Zum Beispiel: Erwartungshaltungen werden erfüllt, oder, als gegenteiliges Phänomen, Vorurteile wiederlegt.
Wie in der Quantenmechanik gibt es keine Regel, es scheint aus meiner Erfahrung jedoch so zu sein, daß bis zu einem bestimmten Zeitpunkt des individuellen Lebens (und das kann auch 'erwachen' sein) alle Dinge sich so präsentieren, wie erwartet, man ist also 'programmiert' und ohne dass man es bemerkt eingebunden in einer riesigen selbständigen Maschinerie die man für "wahr" hält, und ab einem bestimmten Zeitpunkt (und das kann sich natürlich abwechseln) funktioniert plötzlich all das alte Wissen nicht mehr, alles verkehrt sich ins Gegenteil, eine völlig neue, unbekannte 'Realität' tut sich auf.
Interessant ist dies nun bei Menschen, die aufgrund ihrer Beobachtung (z.b. anderer Menschen) Rückschlüsse ziehen, Bewertungen anstellen, sich Weltbilder aufbauen. All diese Bilder können ja nur falsch sein. Es ist niemals zu beweisen, wie sich das beobachtete Objekt ohne Beobachtung verhalten würde (ja nichtmal, ob es getrennt existiert) (auch das vollkommen konform mit der Quantenmechanik, die ich am liebsten "Wissenschaft des Advaita" nennen würde). Interessant ja auch, daß solch ihre Umwelt beobachtende (und oft bewertende) Menschen sich ja ganz und gar als getrennt fühlen (müssen). Hier ich - dort das Objekt. All dies ist Identifikation mit dem Beobachter. Welch ein Friede kehrt wohl ein, wenn erkannt wird, dass sich die sogenannte 'Umwelt' gar nicht anders verhalten kann, als sie sich verhält ?? Welch eine Befreiung für das beobachtende Subjekt, welch eine Befreiung für das beobachtete Objekt, die sich nun, vielleicht zum ersten Mal, in all ihren Handlungen zuzwinkern können. Vielleicht erkennend: 'Ich bin Du'.
Die Lösung: Kurzschluss der Aufmerksamkeit
Wenn obige Konsequenzen voll und ganz als solche erkannt werden, wird die Sinnlosigkeit einer neutralen Beobachtung, einer jeden Beobachtung deutlich; es ist einfach nichts da, was 'neutral' beobachtet werden könnte! ('Es ist nichts ausserhalb oder getrennt von MIR'.) Es ist aber die Natur des Phänomens 'Beobachter', eben zu beobachten, selbst wenn er die Sinnlosigkeit seines Unterfangens erkennt. Was kann er tun, um diese subtile, rein subjektive Trennung aufzuheben ??
Der Schlüssel liegt auch hier in der Selbst-Beobachtung. In der Frage "wer bin ich", oder: "wer oder was ist die Quelle der Aufmerksamkeit". Wenn der Beobachter seine Aufmerksamkeit auf sich selbst bringt, aus der 'Welt da draussen' zumindest vorübergehend zurückzieht, entsteht ein Kurzschluss in der Aufmerksamkeit. Die Quelle der Aufmerksamkeit richtet sich dann auf sich selbst. Und das ist ERKENNEN, oder: SELBSTERKENNTNIS. Bewusstsein erkennt sich (wieder einmal) selbst als Bewusstsein, Quelle als Quelle, Energie als Energie, Leere als Leere.
Danach wird der Beobachter niemals wieder der Selbe sein wie zuvor, sich nicht mehr als getrennt betrachten können, und ja, vielleicht auch ganz (oder zumindest auf längere Zeit) als Phänomen oder zumindest als ausschließliche Identifikation verschwinden. Ein Teil spielt in der Welt, ein Teil ruht (bewusst oder unbewusst) in sich selbst und beide sind nicht getrennt voneinander.
Deshalb kann ich jedem, der sich für den Beobachter hält, nur raten, die Aufmerksamkeit wieder und wieder auf sich selbst zu lenken ("wer bin ich"), bis nichts mehr gefunden wird und sich alles in der Aufmerksamkeit auflöst, inklusive der Aufmerksamkeit selbst (Ramana: "Den Dorn mit dem Dorn entfernen...").
Namaste Edgar (owk)
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